Digitale Patientenakte: Widerspruch oder nicht?

Die digitale Patientenakte wird standardmäßig eingeführt. Dieser Vorgang erfolgt automatisch. Wer seine Gesundheitsdaten nicht digital speichern will, muss aktiv dagegen widersprechen. Aber wie funktioniert die digitale Krankenakte überhaupt und wie sicher ist sie? Soll ich widersprechen und damit auf die Vorteile verzichten? Ausführliche Infos zur digitalen Patientenakte findet ihr in unserem Artikel.
Arzt und Patient sitzen nebeneinander im Wartezimmer. Sie schauen auf ein Tablet und überlegen. Digitale Patientenakte: Widerspruch oder nicht?
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Erstellt von Dietmar :ago

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Was ist eine digitale Patientenakte?

Momentan erhalten viele Versicherte Post von ihrer Krankenkasse. In den Schreiben wird über die digitale Patientenakte informiert. Offizielle wird sie auch oft als elektronische Patientenakte (ePA) bezeichnet.

Die Krankenkassen weisen auf die Vorteile hin, die Versicherten entstehen, wenn ihre Patientenakte digital geführt wird. Angelegt wird sie für die Patienten automatisch. Wer seine Daten nicht erfassen und teilen lassen will, muss dem Verfahren aktiv widersprechen. Sämtliche erfassten Gesundheitsdaten werden anonymisiert zu Forschungszwecken genutzt.

Wie funktioniert die elektronische Patientenakte?

In der digitalen Patientenakte werden online Gesundheitsdaten der Versicherten erfasst und gespeichert. Dies gilt auch für Kinder. Im Laufe der Zeit lässt sich auf diese Weise die gesamte Krankengeschichte der Patienten einsehen und nachverfolgen. Zugriff auf die ePA bekommen Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser oder Apotheken. Private Krankenkassen sind nicht zur Einführung der digitalen Krankenakte verpflichtet.

Wird der ePA nicht widersprochen, sind Ärzte künftig dazu verpflichtet, Informationen zu den von ihnen behandelten Patienten digital aufzunehmen. Die Patienten haben darüber hinaus die Möglichkeit, auf eigene Initiative in die elektronische Patientenakte via Software Dokumente hochzuladen. Das geschieht über ein Patientenportal in Form einer nativen App, die von der jeweiligen Krankenkasse über die gebräuchlichen App-Stores zum Download bereit gestellt wird. Hier lässt sich auch eine noch nicht angelegte digitale Patientenakte einrichten. Medizinisches Personal hat außerdem die Möglichkeit, Dokumente aus der ePA zu löschen. Veränderungen werden protokolliert und sind für den Patienten einsehbar.

Kontrolle über die Gesundheitsdaten

Versicherte haben die Möglichkeit, dem Hochladen einzelner Dokumente in die elektronische Patientenakte zu widersprechen. Das geschieht über eine Funktion im Patientenportal. Wer kein mobiles Endgerät besitzt, um die App herunterzuladen, kann einen Einspruch über die Ombudsstelle der Krankenkasse durchsetzen. Der Patient hat jedoch keinen Einfluss darauf, welcher behandelnde Instanz welche Daten in der digitalen Patientenakte einsehen kann.

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Wann kommt die ePA?

Die digitale Patientenakte ist für Patienten bereits seit Anfang 2021 via App verfügbar. Zu Beginn wurde jedoch nur ausgewählten Arztpraxen der Zugriff auf die elektronischen Daten von Patienten gewährt. In der Testphase wurde der Zugriff systematisch erweitert. Ab dem 15. Januar 2025 soll die digitale Patientenakte in Deutschland für alle Versicherten und Ärzte zur Verfügung stehen.

Welche Daten sind in einer digitalen Patientenakte enthalten?

Da die digitale Patientenakte für Ärzte einen möglichst umfassenden Blick auf die Krankengeschichte eines Patienten gewährleisten soll, sind darin auch sämtliche Daten zum Gesundheitszustand erfasst. Dazu gehören unter anderem:

  • Diagnosen und Befunde (MRT etc.)
  • Röntgenaufnahmen
  • Rezepte
  • Laborberichte
  • Impfstatus
  • Arzt- und Krankenhaus-Entlassbriefe
  • Abrechnungsdaten der Krankenkassen

Diese Gesundheitsdaten werden automatisch über das Patientenportal digital erfasst, ohne dass eine individuelle Zustimmung des Patienten eingeholt wird. Auch ein Hinweis auf den Widerspruch der Aufnahme bestimmter Befunde in die digitale Krankenakte erfolgt nicht individuell.

Es gibt allerdings Ausnahmen für besonders sensible Gesundheitsdaten. So wird beispielsweise bei Dokumenten über Schwangerschaftsabbrüche, sexuell übertragbare Krankheiten (STI) und psychischen Erkrankungen explizit darauf hingewiesen, dass einer Aufnahme dieser Daten in die ePA widersprochen werden kann.

Wie sicher sind digitale Patientenakten?

Gesundheitsdaten gelten als besonders sensibel. Daher unterliegen sie den strengen Datenschutzrichtlinien der DSGVO. Das bedeutet, die Inhalte der ePA werden stets verschlüsselt. Die sogenannten ePA-Apps werden vor ihrer Zulassung von der gematik geprüft. Auf die in der digitalen Krankenakte gespeicherten Inhalte kann nur über die Telematikinfrastruktur zugegriffen werden. Dabei handelt es sich um ein geschlossenes Netz, das strenge Sicherheitsanforderungen erfüllen muss.

Zugriffe auf Informationen und Veränderungen innerhalb der ePA werden automatisiert für mindestens drei Jahre protokolliert. Der Patient kann also nachvollziehen, wann welche Daten in die digitale Krankenakte eingefügt oder entfernt wurden. Allerdings ist erst ab 2030 geplant, diese Zugriffe personalisiert zu erfassen. Bis dahin kann nachverfolgt werden, in welcher Institution (Arztpraxis, Krankenhaus etc.) Änderungen vorgenommen wurden, jedoch nicht, wer genau diese vorgenommen hat.

Wo wird die Patientenakte digital gespeichert?

Die Gesundheitsdaten sind nicht bei den Krankenkassen direkt hinterlegt. Sie werden zentral auf Servern in Deutschland innerhalb geschützter Rechenzentren gespeichert. Wichtige Faktoren zum Schutz der Patientendaten sind allerdings auch die Endgeräte. Wenn ein Patient das Patientenportal über sein Handy nutzt, sollte er sicherstellen, dass die Verbindung sicher ist und das Mobiltelefon vor Zugriffen von Außerhalb geschützt ist. Dasselbe gilt für die Endgeräte in den Arztpraxen. Auch diese können Schwachstellen aufweisen. Die Sicherheit der digitalen Krankenakte liegt somit auch in den Händen der Ärzte und des Patienten selbst. Cyberangriffe sind nicht unwahrscheinlich, da der Online-Handel mit Patientendaten ein lukratives Geschäft ist.

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Welche Vorteile hat eine digitale Patientenakte für Patienten?

Tatsächlich sind die Vorteile einer digitalen Patientenakte vielfältig. Dabei ist zu unterscheiden, wer auf welche Weise von der ePA profitiert, obwohl es in dieser Hinsicht auch Überschneidungen gibt.

Die Vorteile der elektronischen Patientenakte für Patienten:

  • Bessere Qualität der Behandlung
    Die digitale Patientenakte stellt für Ärzte bessere Möglichkeiten zur Diagnostik bereit. Sie können auf einen Blick die Krankengeschichte eines Patienten über Jahre zurückverfolgen. Das ermöglicht ihnen zum Beispiel, Zusammenhänge verschiedener Symptome oder Medikamentationen besser zu erkennen. Das kann vor allem bei Neupatienten ein großer Vorteil sein.
  • Effektivere Behandlung
    Ärzten wird ermöglicht, Zusammenhänge in der Krankengeschichte schneller zu erkennen. Dadurch können zum Beispiel langwierige Untersuchungen, Warten auf Laborbefunde oder das Ausprobieren verschiedener Medikamente vermieden oder reduziert werden. Dem Patienten kann also durch die digitale Krankenakte schneller und effektiver geholfen werden. Besonders bei akuten Notfällen oder der Einlieferung ins Krankenhaus kann das sehr vorteilhaft sein.
  • Verbesserte Compliance
    Patienten können besser in ihre Behandlung eingebunden werden und sind motivierter, ihre Therapiepläne einzuhalten.
  • Besserer Überblick
    Auch der Patient selbst erhält einen besseren Überblick über ihm zuteil gewordene Behandlungen, Verschreibungen und Kostenabrechnungen. Außerdem läuft er nicht Gefahr, beim Schildern von Symptomen oder seiner Krankengeschichte eventuell wichtige Details außer Acht zu lassen. Der Arzt hat Zugriff auf eine große Anzahl digitaler Informationen und kann anhand seiner Expertise unterscheiden, welche er als relevant erachtet.
  • Zweitmeinungen
    Patienten können ihre digitale Krankenakte mit anderen Ärzten teilen, um eine zweite Meinung einzuholen. Dies erhöht die Sicherheit und Qualität der medizinischen Versorgung.

Die Vorteile der digitalen Patientenakte für Ärzte, Krankenkassen und Forschung:

  • Ressourcenschonende Fürsorge
    Ein Gedanke hinter der ePA ist, dass Diagnosen schneller und mit weniger Aufwand gestellt werden können. Das entlastet die teilweise vollen Terminkalender niedergelassener Ärzte. Auch die Kosten für die Krankenkasse werden dadurch gesenkt.
  • Besseres Erfassen allgemeiner Gesundheitsdaten
    Forschung im medizinischen Bereich ist ein langwieriges Unterfangen. Das gilt insbesondere auch für Medikamentenstudien. Das zentrale Verwalten anonymisierter Patientendaten aus ganz Deutschland stellt für die Forschung eine enorme Quelle an Wissen dar. Auf diese Weise können Krankheiten und Medikamente besser und schneller erforscht werden, was nicht zuletzt auch den Patienten zugutekommt.

Nachteile der elektronischen Patientenakte

Die Nachteile der ePA sind unter verschiedenen Aspekten zu betrachten. Vor allem Verbraucherschützer warnen vor Sicherheitslücken und mangelnder Transparenz.

  • Sicherheitsaspekte
    Nicht nur die Betreiber der Server, auf denen die Daten der ePA gespeichert sind, müssen für Sicherheit sorgen. Auch die Arztpraxen, Krankenhäuser und Patienten sind in der Pflicht. Das steigert das Risiko für Sicherheitslücken. Verschiedene Organisationen wie die Verbraucherzentrale oder der Chaos Computer Club bemängeln die Sicherheit der digitalen Informationen. Sie fordern, dass ein größerer Fokus auf Kryptografie und Anonymisierung gelegt wird.
  • Mangelnde Transparenz für Verbraucher
    Welche digitale Information steht in meiner ePA und welche nicht? Welche Daten sollte ich preisgeben? Versicherte müssen bei jedem Befund und jedem Dokument prüfen, ob dieses in die elektronische Patientenakte aufgenommen werden soll oder nicht. Das ist aufwendig und die Patienten laufen Gefahr, den Überblick zu verlieren.
  • Diskriminierung aufgrund der Gesundheitsdaten
    Obwohl wir im 21. Jahrhundert leben, gibt es immer noch Diskriminierungen von Patienten, beispielsweise aufgrund von Infektionen wie sexuell übertragbaren Erkrankungen wie HIV. Im Vergleich mit der digitalen Patientenakte kann der Patient solch sensible Informationen weniger schützen als ohne ePA. Er muss genau abwägen und prüfen. So kann z.B. nicht nur ein Befund die Ansteckung mit einer bestimmten Krankheit verraten, sondern auch einzelne Medikamentenverschreibungen.
  • Mangelnde Kontrolle
    Patienten haben nicht die Möglichkeit festzulegen, welcher Arzt oder welche medizinische Institution welche Gesundheitsdaten einsehen kann. Es kann allein der Aufnahme spezifischer Daten bzw. Dokumente in die digitale Krankenakte widersprochen werden. Daraus wiederum resultiert, dass die ePA unvollständig ist und am Ende doch der Patient dafür sorgen muss, dass bestimmte Behandler die für sie bestimmten Informationen erhalten.
  • Vorschnelle Diagnosen
    Studiert ein Behandelnder die elektronische Patientenakte und stößt darin auf zuvor gestellte Diagnosen, kann es eventuell dazu kommen, dass er die eigene Diagnose nicht unvoreingenommen stellt. Nicht jeder Arzt oder Ärztin hat dieselbe Erfahrung und Symptome können unterschiedlich gedeutet werden.
  • Unvollständige Informationen
    Fehlen Informationen, kann das die Diagnose negativ beeinflussen. Die behandelnde Person kann nie davon ausgehen, dass in der ePA wirklich alle Gesundheitsdaten erfasst sind. Es muss also auf jeden Fall Rücksprache mit dem Patienten gehalten werden, um eventuell zusätzliche Informationen zu erhalten. Damit ist die digitale Patientenakte für Ärzte nicht immer hilfreich.

Digitale Patientenakte: Widersprechen oder nicht?

Ob er der elektronischen Patientenakte widerspricht, muss jeder Patient für sich und gegebenenfalls für seine minderjährigen Kinder selbst entscheiden. Verbraucherschützer raten zurzeit jedoch eher zum Widerspruch.

Teilweise wurden auch schon Nachbesserungen angekündigt. Das könnte der Zukunft der digitalen Patientenakte den Weg ebnen. Wünschenswert wäre eine noch zuverlässigere Sicherheit der Daten und bessere Verwaltungsoptionen für die Patienten. Im Allgemeinen hat die digitale Patientenakte in Deutschland jedoch durchaus Potenzial, das Gesundheitswesen zu verbessern.

Quellen: