Volle Fahrt Voraus – Digitalisierung und Barrierefreiheit im ÖPNV
Der Weg zur Station
Wir möchten so komfortabel es geht unser Ziel erreichen. Am besten noch mit so wenig Umstiegen wie möglich und keiner großen Wartezeit an der nächsten Haltestelle. Dazu wäre es gut zu wissen, wo die nächste Haltestelle ist und welche Verkehrsmittel genutzt werden müssen, um ans gewünschte Ziel zu kommen. Wenn es gut läuft, wird mir das direkt von der Fahrplanauskunfts-App der örtlichen Verkehrsgemeinschaft angezeigt. Manche Apps zeigen sogar nicht nur die Routen an, sondern navigieren einen auch noch zur Haltestelle und zum Endziel. Soweit so gut. Los geht’s also zur Haltestelle.
Was man in den meisten Fahrplan-Apps im ÖPNV jedoch noch nicht einsehen kann, ist die Echtzeitauslastung des Busses oder der Bahn. Die Echtzeitanzeige ist jedoch nicht neu, sondern ist in der Deutschen Bahn App für den Fernverkehr schon länger Standard. Somit müsste die Funktion nur noch in der Nahverkehrs-App integriert werden. Die Information wäre nicht nur für die Verkehrsbetriebe wichtig zu wissen, sondern auch für die Passagiere. So könnte man als Nutzer des ÖPNV immer gut sehen, welchen Zug man mit viel Gepäck, Kinderwagen oder Fahrrad besser meiden sollte, weil er hoch frequentiert ist.
Ticketkauf
Bei der Station angekommen, braucht man als vorbildlicher Bürger natürlich ein Ticket. Wer also keine Ticket-App auf dem Handy hat, muss sich dieses an einem Automaten ziehen. Ob das jedoch die richtige Fahrkarte ist, die man für die Fahrt braucht oder ob es da auch noch eine günstigere Alternative gibt, sagt mir der Ticketautomat nicht. Mit App geht das alles sehr einfach und man kann mit ein paar Klicks direkt zu der gewünschten Route das passende Ticket finden und mit der hinterlegten Zahlungsart zahlen. Jedoch gibt es E-Ticketing noch nicht in jeder Stadt. Wenn man nicht gerade in einer Großstadt lebt, muss man sein Ticket vor allem für den Bus noch beim Fahrer kaufen. Gerade jetzt in der Corona-Zeit wäre somit eine flächendeckende Möglichkeit zum digitalen Ticketerwerb sinnvoll.
In der Bahn
Aber was macht man jetzt mit der Freizeit, die einem während der Fahrt bleibt? Im Internet surfen, WhatsApp-Nachrichten beantworten und durch Social-Media-Kanäle scrollen lautet da wohl bei vielen die Antwort. Geht aber zum Beispiel in der U-Bahn erfahrungsgemäß weniger gut übers mobile Datennetz. WLAN gibt es zwar schon in einigen Bussen und Bahnen, aber das auch nur in den Großstädten Deutschlands. Doch in den kleineren Städten besteht bei der Schnelligkeit der Datenverbindung noch Verbesserungsbedarf.
Barrierefreiheit durch Digitalisierung noch Zukunftsmusik
Zu alledem kann die Barrierefreiheit im ÖPNV durch die Digitalisierung weiter vorangetrieben werden. Dadurch steigt nicht nur der Komfort der geh-, seh- oder höreingeschränkten Menschen, sondern auch aller anderen Fahrgäste mit temporärem Handicap. Menschen mit Krücken oder großen Kinderwägen profitieren ebenso davon. Doch wie können durch die Digitalisierung Barrieren abgebaut werden? Beispiele dafür wären:
- Das Führen durch die App mit einer Audiodeskription, sodass dauerhaft oder temporär sehbehinderte Menschen mit der ÖPNV-App besser zurechtkommen können
- Auch kann die E-Ticket-Möglichkeit für Rollstuhlfahrer sehr praktisch sein, um keine Tickets an den oft nicht Rollstuhlgerechten Ticketautomaten kaufen zu müssen. Das gibt ihnen mehr Freiheit und bessere Möglichkeiten, um ohne fremde Hilfe an ihr ÖPNV-Ticket zu kommen.
- Visuelle und akustische Fahrgastinformationen gibt es nicht an jeder Haltestelle. Genau diese könnten durch die Nutzung eines Smartphones ersetzt werden. Wichtige Informationen für eingeschränkte Passagiere könnten über die App abrufbar sein. Das können unter anderem wichtige Detailinformationen zu Haltestellen, Routenverlauf und Fahrzeugausstattung sein.
Die Barrierefreiheit des Nahverkehrs durch Digitalisierung ist damit nicht nur wichtig für ein weiteres Fortschreiten eines gleichberechtigten Miteinanders, sondern auch für die Verbesserung des gesamten ÖPNVs für alle Beteiligten.